Dienstag, 3. Mai 2016

Alles gleich, bloß ganz anders : Leas Ostern


Große große Opferbereitschaft einer alten Dame

Hallo erstmal und keine Sorge, der Alfred bleibt euch erhalten und wird demnächst auch mal wieder selbst schreiben. Ich heiße Lea, bin 20 Jahre alt und wohne seit letztem August bis diesen September ebenfalls in Ococia.


Ich, fröhlich, noch vor der Karfreitagsprozession

Ich bin hier als Freiwillige für 13 Monate und helfe bei der Arbeit im Health Center mit. Allerdings wohne ich nicht mit Truus und Alfred, sondern mit den Franziskanerinnen und 9 Jugendlichen im Konvent von Ococia.
Durch das Zusammenleben mit den Nonnen ist mein Leben hier natürlich stark religiös geprägt, wobei generell der Glaube hier einen anderen Stellenwert als in Deutschland hat.
Das ist mir auch wieder über die Ostertage aufgefallen. Hier werden noch christliche Traditionen zelebriert, die bei uns kaum noch einer kennt und aus unseren Messen längst verschwunden sind.
Aber der Reihe nach: Ich bin also Gründonnerstag pünktlich um 4 Uhr in die fast leere Kirche und wartete, dass die Messe beginnen würde. Nach zwanzig Minuten war die Kirche dann soweit gefüllt, dass es losging, obwohl es immer einige Nachzügler gibt, die teilweise eine Stunde nach Beginn der Messe kommen.
Das Besondere der Abendmahlmesse für mich war die symbolische Fußwaschung. Zwölf Jungen saßen auf den Stufen vor dem Altar und der Priester wusch ihnen die Füße, wie Jesus es bei seinen Jüngern getan hat. Ein interessantes Ritual, was leider bei uns in Vergessenheit geraten ist. Man  muss dazu wissen, dass ein Priester hier automatisch ein großes Ansehen genießt und nicht immer die Bescheidenheit Jesus nachlebt.

Hier beginnt der Karfreitag mit einer Kreuzwegsprozession vom Nachbardorf zu unserer Kirche. Ausgerüstet mit einer großen Wasserflasche, Kopfbedeckung, Kamera und auf Rat der Schwestern auch mit etwas zu Essen machte ich mich um halb neun mit einer der Schwestern zusammen auf nach Orungo. Dort begann die Prozession mit der ersten Station des Kreuzweges. Bei jeder Station wurde ein entsprechendes Gemälde hochgehalten, ein Gebet gesprochen und ein Bibelabschnitt gelesen. Da alles auf Ateso, der lokalen Sprache war, habe ich nicht viel verstanden, aber dennoch war es ein ganz besonderes Erlebnis für mich. Besonders faszinierend fand ich zu sehen, mit welchem stolz der jeweilige Kreuzträger erfüllt war. Dieser ging jeweils an der Spitze der Prozession. Nach jeder Station wurde das Kreuz weitergegeben und viele der Träger waren weiblich und durchaus im fortgeschrittenen Alter, aber für sie war es eine große Ehre. Der Wechsel war aber auch nötig, da es sehr warm war (etwa 30 Grad) und das Kreuz aus schweren Balken gefertigt und über 1,50 m groß war und die Prozession gute drei Stunden gedauert hat.


Allen Beteiligten gefiel die klare Wegführung unserer Karfreitagsprozession


Unsere Ostermesse  war hier am Samstagabend, ich war auch verdutzt. Als ich nachfragte warum, bekam ich erklärt, dass das Wunder der Auferstehung ja in der Nacht passiert sei, man aber nicht mitten in der Nacht die Messe abhalten wollte, da es hier für dunkel wird und so zumindest der Hinweg noch im Hellen lag. Straßenlaternen gibt’s ja hier nicht.
Also saß ich ab 6 Uhr in der Kirche (in weiser Voraussicht hatte ich schon vorher etwas gegessen ;)) und war froh, überhaupt einen Platz zu kriegen, denn die Kirche war mehr als voll. Sämtliche Kinder saßen auf dem Boden und auch in den Bänken hatten sich mehr Leute gequetscht, als reinpassen. Und hier bedeutet gequetscht wirklich eng zusammen gequetscht, da passt absolut nichts mehr dazwischen.
Die Messe hat fast fünf Stunden (fünf!!!) gedauert, Zwischendrin wurden die Neugeborenen noch getauft und die Kommunionkinder hatten auch noch ihren großen Tag. Außerdem wurde gefühlt die halbe Bibel in den sechs Lesungen vorgetragen. Aber was mich richtig mitgenommen hat, war der Moment, in dem die verhüllten Kreuze, Heiligenstatuen und –bilder aufgedeckt wurden. Alle waren am Jubeln, tanzten und klatschten und sangen lautstark mit. Viele der älteren Schüler und auch ich tanzten  auf den Bänken! Es war unglaublich mitreißend. Die Frauen hier machen als Zeichen ihrer Freude immer ein ganz spezielles Geheul. Das erklang natürlich auch die ganze Zeit. Und als dann gegen elf  Uhr endlich die Messe vorbei war, war ich auch echt froh.

Trotzdem war es eine beeindruckende, aber auch verdammt lange Messe, wie ich sie noch nie erlebt habe. Ganz ehrlich... einmal reicht mir, aber... einmal sollte man das auch erlebt haben. 

Osterprozessionen sind nicht immer ganz ungefährlich mitten auf der Straße