Dienstag, 8. März 2016

Der alte Fuchs.... und die Wahlen!



Wahlwerbung in Uganda 2016


Sooft ich jetzt schon nach Afrika geflogen bin, und mich eigentlich an diese Fliegerei gewöhnt haben sollte..., so ist es doch immer wieder zu spüren, besonders an den Tagen vor dem Abflug:  
DER ABSCHIEDSSCHMERZ.
Reisefreude will sich nicht einstellen. Zu present sind alte Freunde, Bekannte, Familie und all die Dinge, die man ja eigentlich noch erledigen wollte und wieder einmal liegen bleiben. Ich habe dagegen noch kein Rezept gefunden. Ich befürchte, ich werde auch keins mehr finden.
Es ist erstaunlich wie dieser Schmerz im Flugzeug dann mit jeder Stunde ferner der Heimat, immer ein kleines bisschen weniger wird. Bis man sich darauf freut, was sich jetzt dort „unten“ in Uganda,  im speziellen in Ococia, verändert hat. Natürlich freut man sich auf die Menschen, die dort auf einen warten. Diesmal war es Franz, ein Unternehmer aus Österreich, der mich vom Flughafen in Entebbe abholte und auf den ich mich schon sehr gefreut hatte.
Franz, dessen Lebensgeschichte ein eigenes Buch zu schreiben wert wäre. 
Immerhin österreichischer Jugendmeister im Kajakfahren! Lange her! Und so ist auch sein Leben verlaufen. Vom wilden Bergbach übergehend in einen schnell fließenden, gefährlichen Fluß mit Schnellen und Strudeln bis zum gemächlichen Strom mit vielen Nebenflüßen der dann im großen unendlichen Meer mündet.
Wie so unser aller Leben. 

Was diesen Flug besonders machte, war wieder einmal die Tatsache der alle 5 Jahre wiederkehrenden Wahlen. Es waren jetzt „meine“ Dritten. Obwohl der Wahlsieger so vorhersehbar ist, wie der Sommer, der auf den Fruehling folgt und die Zugvögel im Herbst nach Afrika fliegen (und eben nicht in die Arktis), so wird doch alle 5 Jahre ein Szenarium aufgebaut, wie es mit unseren Breiten vergleichbar ist. Die Hülle stimmt..., der Inhalt läßt zu wünschen übrig. Aber wer sagt denn, daß nur unsere Form der Regierungsbildung und –ausübung die einzig Wahre ist? Mir kommen da mehr und mehr Zweifel ob das für alle Völker, Traditionen und Menschengruppen festgeschrieben ist. Vor allen wenn die Unabhängigkeit erst 53 Jahre zuvor erfolgte. Ich weiß, ich bewege mich hier scharf an der „Kante“ des Tabubruches.
Nach dem Motto: “Jedem Volke den Herscher, den es verdient“. Aber so einfach ist es dann auch wieder nicht. Ich weiß. 
Museveni ist nun 30 Jahre an der Macht. Und je älter er wird, desto weniger kann er von der Macht lassen. Politiker erinnern mich im Allgemeinen immer auch an Drogenjunkies. Einmal davon gekostet, ist es schwer davon loszukommen. Und die Macht ist eine Droge per exellence. Ganz egal in welchem Kontinent. Nur die Methoden sind subtiler, ausgefeilter, ja ausgereifter. Wie sonst könnte man es sich erklären, dass Politiker sich ungeniert beschimpfen, verunglimpfen und auch vor Rufmord nicht zurückschrecken. Und ich meine jetzt den WestenNatürlich so auch in Afrika. In dem Kontinent, in dem es Tradition ist, einen Chief (Häuptling) zu haben. Das ist vergleichbar mit unseren alten Königshäusern. Ist ja alles noch gar nicht so lange her. Wir versuchen immer wieder unsere Entwicklung anderen Völkern vorzuschreiben anstatt sie selbst diese Entwicklung machen und nach Lösungen suchen zu lassen.

Nun wie ist es diesmal abgelaufen? Im Jahr 2016!
In den europäischen Zeitungen war die Wahl in Uganda nur ein Dreizeiler wert. In den deutschen Nachrichten kaum zu finden. Afrika kommt bei uns nur sporadisch vor und wenn, dann vor allem wenn es um Hungersnöte, Kriege und Terrorismus geht. Aber hier war die Wahl seit einem halben Jahr täglich präsent.
Und damit auch die Angst. In jedem Gespräch war das zu hören, in den Zeitungen zu lesen, im Alltag zu sehen durch die allgegenwärtige und zahlreiche Polizei und zu spüren bei den Älteren, die den Bürgerkrieg vor 30 Jahren noch miterlebt haben. Aber auch diese Panikattacken gehören mittlerweile zum fünfjährigen Zyklus der Wahlperiode. Für eine Woche standen Zeit und Atem eines Landes still! 
Eine unangenehme Zeit des Wartens. 

Befürchtungen es könnte zu Gewaltausschreitungen kommen, wie vor einigen Jahren in Kenya oder anderen afrikanischen Staaten, haben sich Gott-sei-Dank nicht bewahrheitet. Dazu hatte sich Yoweri Kaguta Museveni, der seit 30 Jahren Uganda nach Gutsherrenart regiert, zu gut vorbereitet. Um den „Westen“ milde zu stimmen wurde schon vor Jahren eine „unabhängige“ Wahlkommission eingerichtet, die alleine nur berechtigt ist den Wahlsieger zu verkünden. (Ein Schelm wer Böses dabei denkt). Gleichzeitig wurde eine Sonderschutzeinheit gegründet, die allgegenwärtig präsent ist, sich aber dezent im Hintergrund aufhält und nur bei Unruhen eingreift. Die Oppositionskandidaten wurden bereits im Vorfeld schikaniert, durch die Medien  „schlecht“ gemacht und während Museveni mit dem Helikopter Wahlkampf machte, mussten sich die anderen Kandidaten mühevoll mit dem Auto durch die Lande quälen. 
Ja es war eine freie Wahl, aber mit Sicherheit nicht fair. So wurden in der Region der Opposition die Wahllokale erst um 14 Uhr geöffnet und um 16 Uhr wieder geschlossen. Hinzu kam der mehrmalige Hausarrest des Oppositionsführers Besigye, so dass die 10-tägige Einspruchsfrist bei der Wahlkommission nicht genutzt werden konnte. Da konnten auch die Amerikaner so viele Protestnoten einreichen wie sie wollten. 

Hinzu kommt, daß die Ugander sehr freundliche und weiche (soft) Menschen sind, die Konflikte und Gewalttätigkeiten scheuen. Aggressivität ist verpönt. Was ja nicht schlecht ist. Und so kam Museveni auf 61.3 % und Besigye auf 34.3 %. Die anderen 5 Oppositionskandidaten liefen unter „ferner“. 
Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen - wer weiß, wie es ausgegangen wäre.
Und als wäre nichts geschehen oder gerade deswegen flog der neue und alte Präsident von Uganda zur 92-jährigen Geburtstagsfeier zu seinem alten Freund und Spezi Mugabe, dem Präsidenten auf Lebenszeit von Zimbabwe. Das ist, wie ich finde, ein sehr schöner Abschluss eines gelungenen Wahljahres. Nein..., das ist kein Zynismus das ist die Wirklichkeit. Es könnte auch Real-Satire sein. 
Ein Nelson Mandela erscheint mir als eine politische Mutation, die ausgestorben ist, bevor sie sich durchsetzen konnte. Ein Beispiel, das nicht Schule gemacht hat. Leider!!

In der afrikanischen Typologie gibt es „the big five“. Das sind Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard. Ursprünglich aus der Großwildsprache kommend, betrachten sich die Führer Afrikas (als solche wollen sie gesehen werden) als zu den „Big Five“ zugehörig. Yoweri Kaguta Museveni würde ich allerdings der Kategorie des „schlauen Fuchses“ zurechnen und damit den erlesenen Kreis zu „The Big Six“ erweitern.

Alles was er macht ist gut durchdacht, vorausschauend, schlau und immer auf seinen Vorteil ausgerichtet. Ein schlauer Fuchs! Aber auch schlaue Füchse werden älter. In der ugandischen Verfassung ist das höchstalter eines Präsidentschaftskandidaten auf 75 Jahre festgelegt. Museveni ist nun 71 Jahre und dürfte beim nächsten Mal nicht mehr antreten. Was aber weit schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass die meisten jungen Menschen unter 30 Jahre die Opposition gewählt haben und die Bevölkerung Ugandas die zweitjüngste in Afrika ist. 

Sollte in 5 Jahren alles mit rechten Dingen zugehen wird es zu einem Wandel kommen. Und der schlaue Fuchs muss aufpassen, dass er nicht zu einem zahnlosen Tiger wird. 

Nix für unguat (wie der Bayer sagt) für diese kleine Exkursion in die Politik!

Euer Alfred