Donnerstag, 27. Oktober 2016

Ein anderes Uganda - Bericht von Hans Pfeifer (Bruder von Alfred)

Weites Land - Karamoja

Nach meinem Sabbatjahr, dass ich vorwiegend mit meiner Familie und in meiner Heimatpfarrei in München verbrachte, wurde es Anfang Juni wieder Zeit meine 7 Sachen zu packen und meine neuen Aufgaben in Karamoja wahr zu nehmen.
4 Monate bin ich seitdem nun hier und die Eindrücke sind vielfältig. Für Alle die Karamoja nicht kennen sei hier gesagt, das Gebiet grenzt im Norden an den Südsudan und im Osten an Kenia. Es ist das trockenste Gebiet von Uganda, ca. 300 km lang und 100 km breit. Es wird von 2 Mio. Karimo-
jong bewohnt, die sich in verschiedenen Unterstämmen hier angesiedelt haben. Ursprünglich kamen diese Hirten vom heutigen Äthiopien und dem Südsudan und sind mit dem Volk der Turkana in Kenia und den Massai in Tansania verwandt. Ihr Alltag wird heute noch von Viehherden geprägt, mit denen sie von Weideplatz zu Weideplatz ziehen, um Nahrung und Wasser zu finden. 

Junge Erwachsene werden von den Vätern und Ältesten ausgewählt um Hirten zu werden, während die Mütter die Mädchen und Kinder 
Von Weideplatz zu Weideplatz
zu Hausarbeiten und Wasser holen anleiten, um sie auf das harte Leben hier vorzubereiten. 

Aufgrund der ungünstigen klimatischen Verhältnisse, der spürbaren Klimaveränderung und des dadurch bedingten unregelmäßigen Regens, kommt es immer wieder zu Hungersnöten und Epidemien. Mit unserer romantischen Vorstellung von Hirten, die mit ihren Herden durch die Savanne ziehen, einen anlächeln und ein Lebensgefühl von Freiheit und Ungebundenheit ausdrücken, hat es sehr wenig gemein. Es ist Knochenarbeit in dieser Hitze von bis zu 40° C mit der Herde zu wandern, abends kein Dach über dem Kopf zu haben und neben den Tieren im Freien zu schlafen.

Doch hat sich hier vieles in den letzten Jahren verändert. Nicht nur zum Positiven. Es wurden Minerale gefunden, an denen der Staat und ausländische Investoren sehr interessiert sind. Auch wird die Landwirtschaft mit großen Projekten gefördert, so dass der Lebensraum dieser Halbnomaden immer kleiner und für sie bedrohlicher wird. Diese neuen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und damit kulturellen Veränderungen stellen das Leben dieser Menschen auf den Kopf. Es kommt zu Identitätskrisen, Orientierungslosigkeit und Verunsicherung.

Der Tradition verpflichtet

Hierzu eine kleine Geschichte, die mich zum Nachdenken gebracht hat:

Um die Sprache der Karimojong zu erlernen setzte ich mich noch einmal in eine Schulklasse zusammen mit 100 Schülern zwischen 7 und 10 Jahren. Und da es kurz vor den großen Ferien war, bekamen die Erstklässler eine Beurteilung mit, um es ihren Eltern zu zeigen.  Einer dieser Schüler sah irgendwie unzufrieden aus und so fragte ich ihn durch den Lehrer, warum er so bedrückt sei.
Er antwortete: „ Was soll ich mit diesem Papier? Es gibt mir keinen Status, kein Gefühl von Freude und meine Eltern können nicht lesen. Letztes Jahr war ich mit  Kühen und Ziegen mit den anderen Buben einige Tage unterwegs, um Weideplatz und Wasser für die Tiere zu finden. Und als wir wieder nach Hause kamen, gab es ein großes Fest.  Mein Vater war stolz auf mich, meine Mutter kochte ein besonderes Mahl und lud die Nachbarn ein. Ich wusste, wer ich bin und was ich bin. Dieses Papier sagt mir dagegen gar nichts“.

Auch wenn es hier die Schule ist, ist der Fortschritt und die Globalisierung in Karamoja leider oder Gott-sei-Dank nicht mehr aufzuhalten. Auch hier gibt es zwei Seiten einer Medaille!


Stolzer Karimojong Krieger
In der letzten (Ur-) Region Ugandas hat nun das mobile Telefon, Internet und Fernsehen Einzug gehalten. Das Weltbild der Nomaden verändert sich Stück um Stück dramatisch. Sie müssen sesshaft werden, um neue Lebensgrundlagen zu finden. Es ist ein schmerzhafter Prozess.
Da ich nun unter ihnen mein Zuhause habe, nehme ich an ihrem Leben teil und sehe die Probleme mit denen sie konfrontiert sind.
Ich betrachte dies als Geschenk und eine Herausforderung mit ihnen zu leben und teil ihres Weges zu gehen. Denn sind wir nicht alle auf einem Weg?





Wasser holen in der Abenddämmerung


Meine Lieben zu Hause, ich wünsche euch Gottes Segen und Freude am Leben.


Euer Pater Hans




 Die schönen Frauen der Karimojong


Die Alten - die letzten ihrer Generation